KANU-RENNSPORT Marcel Paufler lobt Organisation in Altfunnixsiel - Gelände und Gewässer bieten ideale Bedingungen
Von Jochen Schrievers - 22. August 2023 - Anzeiger für Harlingerland/Nordwest-Zeitung
ALTFUNNIXSIEL - Jona Schiebel bereitet sich auf sein Rennen über 3000 Meter vor. Der junge Kanute aus Bremen hat einen Plan, seine Sonnenbrille soll ihm den entscheidenden Vorteil verschaffen. "Was willst du mit der Brille, wenn die Sonne gar nicht scheint?", fragt sein Betreuer und richtet den Blick in den wolkigen Himmel. "Schwimmt die Brille? Was ist, wenn du die unterwegs verlierst? Du brauchst ein Brillenband, auch fürs Training", fügt er hinzu. "Was die Harle verschluckt, gibt sie nicht mehr her", sagt er und grinst. Damit hat er Jona überzeugt. Schließlich hat sein Coach viel mehr Erfahrung als er. Der Coach ist Marcel Paufler. 22 Titel bei Deutschen Meisterschaften, Siege bei Weltmeisterschaften im Wildwasser, Medaillen auf internationaler Bühne im Kanu-Marathon - der 28-jährige Bremer weiß, wovon er spricht.
Anfang September geht er bei der Marathon-WM im dänischen Vejen an den Start. Doch erst einmal steht die Harle-Regatta in Altfunnixsiel in seinem Kalender. Dort gibt es zwar keine Marathon-Rennen und die meisten Konkurrenten paddeln auch nicht auf WM-Niveau, aber für Paufler stand es nie zur Debatte, den Ausflug nach Ostfriesland ausfallen zu lassen. "Es gibt keinen Grund, hier nicht herzukommen", sagt er. Die Organisation könne sich problemlos mit deutlich größeren Regatten messen. "Hier geht fast nie etwas schief, alles ist gut geplant, trotzdem sind alle spontan", lobt er. Außerdem seien die Trainingsbedingungen ideal. Sein Tag begann mit einigen Kilometern Laufen auf den ruhigen Wegen rund um Altfunnixsiel. "Dann bin ich ins Boot gestiegen und bin nach Carolinensiel und zurück gepaddelt. Das war schön", beschreibt er die etwa zehn Kilometer lange Tour. Zuhause hätte er seine Einheit auf dem Kuhgraben, einem Kanal an der Wümme, absolviert. Da sei die Harle schon reizvoller. Das Wichtigste sei aber, dass es bei der Harle-Regatta echte Rennen gibt. "Das kannst du im Training nicht simulieren", erklärt er. Und gerade auf den kurzen Strecken gehöre er ja nun auch nicht zu den Favoriten und müsse sich am Start richtig strecken, um mithalten zu können. Das gelingt ihm jedoch problemlos. Sowohl im Vorlauf über 200 Meter als auf der 3000-Meter-Distanz setzt er sich durch.
Im Kanu-Rennsport auf den kürzeren Strecken habe er seine sportlichen Wurzeln. "So sind wir angefangen, und es mach immer noch Spaß", sagt er. Im Laufe der Zeit hat sich der Schwerpunkt jedoch verlagert. Durch seinen Onkel, der in München lebt, und andere Kanuten, die er bei verschiedenen Rennen kennengelernt hat, ist er zum Wildwasserfahren gekommen. Im Nachwuchsbereich hat er dort auch international Erfolge gefeiert und viele Spezialisten hinter sich gelassen. "Auf den schweren Strecken haben die natürlich einen Vorteil durch ihre bessere Technik. Das muss ich dann mit Kraft und Ausdauer wettmachen", erläutert Paufler. Und Kraft und Ausdauer hat er. Denn seit Jahren gehört seine Leidenschaft den langen Strecken. Und lang bedeutet nicht - wie bei der Harle-Regatta - 3000 Meter, sondern Marathon. "Das ist das Schöne am Kanu-Sport. Es gibt so viele verschiedene Disziplinen, da ist für jeden was dabei", ergänzt Paufler, ehe er ans Ufer der Harle geht, um das Rennen der Schüler B zu verfolgen und seine jungen Vereinskameraden anzufeuern. Über die 3000 Meter lässt der Bremer Jona Schiebel alle hinter sich - ohne Sonnenbrille.