Licht und Schatten beim Weltcup

Weltcup im eigenen Land. Solche Events möchte man wirklich nicht verpassen und bei solchen Events möchte man auch wirklich stark performen. Zum Teil ist uns das bestens gelungen, zum Teil war es ein wahnsinniger Kampf gegen den eigenen Körper.

Aber von Beginn an: Beruflich bedingt konnten wir nicht, wie der Großteil des übrigen erweiterten Nationalkaders, schon am Donnerstagabend nach Brandenburg an der Havel anreisen. Wir sind am Freitagabend angekommen und haben in unseren Unterkünften eingecheckt. Sven, wie die meisten anderen Nationalmannschaftsmitglieder, in einer privat organisierten Unterkunft. Marcel musste aufgrund seiner Kaderzugehörigkeit in eine andere, vom Deutschen Kanu-Verband (DKV) organisierte, Pension. Diese befand sich zum Glück allerdings ganz in der Nähe.

Am Samstagfrüh ging es zeitig zur Regattastrecke auf dem Beetzsee, wo sich Marcel noch auf der Strecke einfahren und mit der Portage vertraut machen konnte, bevor er bereits zum Vorlauf des Short-Races (3,4 Kilometer mit zwei Portagen) an den Start musste. Sven war hierfür planmäßig nicht gemeldet, da er sich, zumindest in dieser Saison, auf die klassische Marathonstrecke konzentriert. Bekannt ist die deutsche Strecke in Brandenburg an der Havel unter anderem für ihre professionellen Bedingungen. So wurde beispielsweise der Start mit einer automatischen Startanlage durchgeführt, die sicherstellt, dass es keine Fehlstarts gibt. Marcel kam von der Startlinie gut weg, fand sich bereits in der ersten Portage im vorderen Mittelfeld wieder und arbeitete sich sogar bis in die Spitzengruppe vor. In der letzten der drei Runden leistete er Führungsarbeit und qualifizierte sich überraschend souverän mit einem zweiten Platz für das Finale. Es qualifizierten sich die ersten sechs Boote aus beiden Vorläufen sowie die weiteren acht zeitschnellsten Boote beider Vorläufe. Hier das Ergebnis des zweiten Vorlaufs.

Im Finale standen damit am Mittag die schnellsten 20 Boote am Start. Auch hier kam Marcel verhältnismäßig gut los, befand sich allerdings nicht in der Spitzengruppe. Stark war seine Aufholjagd ab der zweiten Runde, kurz vor der Portage hatte er mit seiner Verfolgergruppe fast wieder zu den Führenden aufgeschlossen. Dank einer taktisch klugen zweiten Portage kam er als Vierter hinter dem Führungstrio wieder aufs Wasser, der vollständige Anschluss gelang aber nicht. Den amtierende K2-Vizeweltmeister Quentin Urban (Frankreich) im Schlepptau, versuchte er auf der letzten Runde nochmal alles, aber die Führenden ließen nicht nach. Im Endspurt musste er sich Urban zwar noch geschlagen geben, landete mit dem fünften Platz aber auf seinem bisher mit Abstand besten internationalen Resultat in der Leistungsklasse. Ein unerwartet starker Einstieg in den Weltcup! Das Rennen gewann Philip Knudsen (Dänemark) vor Jose Ramalho (Portugal) und Joakim Lindberg (Schweden). Hier die Ergebnisliste und die Fahrzeiten.

Anschließend ging es für Marcel noch Auspaddeln, für Sven war es zeitgleich das Einpaddeln für die klassische Distanz am gestrigen Sonntag.

Das Rennen der Herren Leistungsklasse startete als letztes Rennen des Wochenendes erst um 14 Uhr. Und hier kam eine weitere Besonderheit der Brandenburger Regattastrecke zum Tragen: Der Wind. Die Naturstrecke ist windanfällig und sorgte bei den gestrigen Bedingungen vor allem im oberen Teil der Strecke für wellige Bedingungen. Zahlreiche Fahrer, so auch Sven, fuhren mit einem Wellenbrecher vor der Sitzluke, welcher dafür sorgt, dass nicht so viele Wellen ins Boot dringen.

Das mit 40 gemeldeten Booten größte Feld des Weltcups sorgte erwartungsgemäß für einen spektakulären Start. Vor allem Sven kam gut weg, Marcel sortierte sich zunächst im Mittelfeld ein, konnte sich noch auf dem Weg zur ersten Wende aber an die aus zu diesem Zeitpunkt bis zu 16 Booten bestehende Führungsgruppe heranarbeiten. Bereits nach dem ersten Kilometer nahm das Unheil bei Sven allerdings seinen Lauf: Er bekam starke Bauchkrämpfe und sie sollten ihn das komplette Rennen über nicht mehr verlassen. Infolgedessen war es für ihn unmöglich sein Tempo und damit auch seine gute Position im vorderen Drittel des Feldes zu halten und er wurde im Laufe der insgesamt acht großen und einen kleinen Abschlussrunde auf dem Beetzsee von zahlreichen Athleten überholt, mit denen er unter normalen Umständen vermutlich problemlos hätte mithalten können. Zu allem Übel funktionierte dann auch die Bootspumpe nicht richtig, unter den welligen Bedingungen auf dem Beetzsee denkbar ungünstig. Anstatt aufzugeben, wie es wohl die meisten anderen Sportler in einer solchen Situation tun würden, zog er aber durch, absolvierte alle sieben Portagen und kam auf dem 29. Platz ins Ziel. Was der Auslöser für die Beschwerden waren, ließ sich direkt im Anschluss des Rennens nicht feststellen. Wichtig ist aber, dass wir mitteilen können, dass es ihm heute bereits ein wenig besser geht.

Marcel schaffte es dagegen, sich in den ersten drei Runden in der großen Führungsgruppe zu halten, welche sich danach in mehrere kleinere Gruppen unterteilte. Die meiste Zeit fuhr er mit Joshua Kippin (Australien), Zalan Peli (Ungarn) und Mikkel Sjursen (Norwegen) in einer Vierergruppe, in der alle wechselnde Führungsarbeit leisteten. Der Abstand zu den vorderen Plätzen wuchs nie spürbar stark an, es gelang aber auch nicht, die Lücke wieder zu schließen. Nach einer starken letzten Portage, in der Marcel als Zweiter aus seiner Gruppe auf den letzten Kilometer ging, wurde es im Ziel der achte Platz. Ein erneut starkes Resultat, keine zwei Minuten hinter dem Sieger, der erneut Philip Knudsen (Dänemark) hieß. Die Ergebnisse des Marathons sind hier zu finden.

Der Weltcup ist damit vorbei und wir haben unser Bestes gegeben und Deutschland würdig repräsentiert. In den kommenden Tagen ist Regeneration bzw. Genesung angesagt, im Verlauf der Woche nehmen wir das Training wieder auf. Gespannt sind wir jetzt natürlich noch auf die Nominierung für die Europameisterschaften. Marcels Qualifikation im K1 sollte eindeutig sein, auch im für uns wichtigen K2 gehen wir davon aus, dass es geklappt hat. Sobald das offiziell ist, können die Planungen für die EM in Polen beginnen. Spannende Wettkämpfe liegen hinter uns - weitere Saisonhöhepunkte sind in Aussicht!