Es war der Höhepunkt der Saison, wir haben das ganze Jahr für dieses eine Rennen trainiert. Im Leistungssport ist ausschlaggebend, ob man all das Training und die Vorbereitung vieler Monate als Wettkampfperformance zu einem festgelegten Zeitpunkt abrufen kann. Daran hängt oft, ob danach schnell gesagt wird: "Das war eine gute Saison" oder "das war keine so gute Saison". Wir wissen nun, dass wir unsere Leistung abrufen konnten. Und wir sind auch so reflektiert, dass wir bereits vor der WM wussten: "Das war eine wirklich gute Saison". Unabhängig von der genauen Platzierung auf der WM. Weil wir unsere Vorgeschichte kennen.
Aber der Reihe nach. Begonnen hatte die WM mit der Eröffnungsfeier, einer Mischung aus musikalischer, traditioneller und spektakulärer Unterhaltung. Hier erfuhren wir auch, dass es die bislang größte WM im Kanu-Marathon werden würde. Nie zuvor hatten so viele Sporterinnen und Sportler aus diesmal sogar über 40 Nationen teilgenommen. Die Wettkämpfe wurden ab Donnerstag auf der Neretva in Metkovic, nur einen halben Kilometer von der Grenze zu Bosnien-Herzegowina entfernt, ausgetragen. Bezogen auf die Breite des Flusses war dieser vergleichbar mit der Weser und die besondere Herausforderung war tatsächlich die Strömung. Insbesondere in den Wenden sorgte sie für zusätzliche taktische Möglichkeiten. Anreisen konnten wir am Tag der Eröffnungsfeier glücklicherweise mit dem Flugzeug, da unsere Boote bereits wenige Tage zuvor auf dem Landweg nach Kroatien gebracht wurden.
Unser erstes Rennen war das Short-Race von Marcel am Donnerstag. Er war der einzige deutsche Starter, entsprechend groß war der Druck. Denn für uns stand natürlich die WM und vor allem der K2 im Mittelpunkt. Für den Deutschen Kanu-Verband (DKV) war aber der Quotenplatz für die World Games 2025 wichtig, der hier geholt werden sollte. Im Vorlauf belegte Marcel einen soveränen achten Platz und da er mit seiner Zeit sogar schneller war als der komplette erste Vorlauf, qualifizierte er sich souverän für das Finale mit den besten 20 Booten am Abend. Dort lief es zunächst, wie Rennen bei Marcel oft laufen: Nach dem Start fand man ihn im hinteren Teil des Feldes, Kilometer für Kilometer machte er aber Plätze gut, vor allem seine letzte Runde war stark, und er kam nach den nur 3,4 Kilometern mit zwei wirklich schnellen Portagen als 14. ins Ziel. Möglich wäre hier mit etwas Glück vielleicht sogar der 12. Platz gewesen, denn Quentin Urban (Frankreich) und Rafal Rosolski (Polen) auf den Plätzen davor, setzten sich im Endspurt nur hauchdünn durch. Geprägt war der gesamte Donnerstag übrigens von teilweise starkem Regen und Gewitter, welches zwar nicht zu einem Rennabbruch, aber immerhin zu zwischenzeitlichen Rennverlegungen führte. Hier die Ergebnislisten zum Short-Race:
Die äußeren Bedingungen sollten aber schöner werden, denn die folgenden Tage wurden sonnig und mit bis zu 27 Grad sehr warm. Für uns war der Start in die WM gelungen und der Freitag wettkampffrei. Am Samstag musste Marcel dann nochmal im Einer ran. Über die 29,8 Kilometer mit sieben Portagen erwischte er einen ziemlich guten Start und konnte sich noch auf dem Weg zur ersten Wende an die Führungsgruppe hängen. Die Bedingungen waren an diesem Tag etwas windig und wellig. So wellig, dass die Boote einige Athleten (u. a. das von Mitfavorit Andrew Birketta aus Südafrika) in der ohnehin welligen Startphase mit Wasser voll liefen. Marcel hatte damit zum Glück nur wenig Probleme. Nach den ersten Portagen fuhr er größtenteils in den beiden ersten Verfolgergruppen, absolvierte nahezu fehlerfreie Portagen und kam auf dem zwölften Platz ins Ziel. Es sehr gutes Ergebnis, welches wie auch das des Short-Races eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr darstellt. Und vor allem war es gelungen, verhältnismäßig kräfteschonend zu fahren. Der Quotenplatz war damit übrigens auch herausgefahren. Rückblickend hätte wohl schon das Short-Race Ergebnis dafür genügt. Hier die komplette Ergebnisliste des Rennens.
Dass Marcel am Samstag nicht bis ans Limit gehen musste, sollte sich am nächsten Tag auszahlen. Gemeinsam ging es im Zweier an den Start. Ein richtig gutes Gefühl und irgendwie als sei die letzte WM erst im vergangenen Jahr gewesen. Aber die Zwangspause war deutlich größer: Unser letztes WM-Rennen im K2 ist datiert aus dem Jahr 2019, damals in China. Bei unserem diesjährigen WM-Comeback mussten wir uns zunächst im Mittelfeld einsortieren, arbeiteten uns aber auch in diesem Rennen bis zur ersten Portage wieder an die große Führungsgruppe heran. Diese spittete sich nach den ersten Portagen auf: Während sich ganz vorne drei Boote absetzten, bildeten sich dahinter mehrere kleine Verfolgergruppen. Hier hielten wir lange in der zweiten Verfolgergruppe, und damit sogar einem Platz unter den Top Ten, mit. Werden Gruppen zu groß, wird es taktisch allerdings schwierig. Für uns bedeutete das irgendwann, dass wir etwas hinter dieser größeren Verfolgergruppe fahren mussten. Die letzten Runden fuhren wir ohne Welle, an das schwedische Boot vor uns mit Olympiateilnehmer Martin Nathell kamen wir leider nicht mehr heran, aber auch aus den hinter uns liegenden Verfolgergruppen holte uns niemand mehr ein. Es ging als Elfte über die Ziellinie und das Comeback war geglückt! Und wir körperlich uns mental zurecht ziemlich erschöpft. Hier geht es zur vollständigen Ergebnisliste.
Am darauffolgenden Tag ging es zurück nach Bremen, für Marcel erstmal verbunden mit einer Erkältung. Aber all das spielte keine Rolle mehr, denn wir sind eine richtig gute WM gefahren und die Trainingsarbeit hat sich mehr als ausgezahlt. Die Paddel werden nun für einige Tage ungenutzt bleiben und wir werden uns erholen. Auch wenn es ein ungewohntes Gefühl ist, morgens um kurz nach sechs nicht auf dem Wasser zu sein.
Ab Mitte Oktober werden wir die Saison analysieren und dann wird auch das Grundlagentraining für das nächste Jahr beginnen. Das steht bereits fest. Wir werden dazu in den nächsten Wochen von uns hören lassen.
Jetzt erstmal sind wir aber überzeugt, dass es für alle, die uns die Daumen gedrückt haben, spannende Rennen waren! Danke für eure Unterstützung!
Wer die Rennen nicht live sehen konnte, kann dies übrigens noch nachholen: Die Livestreams wurden hochgeladen und man kann bereits jetzt kostenfrei reinschauen: