„Bremer Titelflut auf der Ems“ – Presseartikel

Kanumarathonis holen bei deutscher Meisterschaft neun Goldmedaillen

Von Jörg Niemeyer - 23. Mai 2023 - WESER-KURIER (Sport)

Bremen. Von möglichen Spätfolgen einer gebrochenen Schulter bei Marcel Paufler (28) oder eines Bandscheibenvorfalls bei seinem Bruder Sven (25) war nichts zu spüren. "Wir hatten echt ein super Wochenende", freute sich der ältere der beiden erfolgreichsten Kanumarathonis des Störtebeker Bremer Paddelsportvereins nach einer grandios verlaufenen deutschen Meisterschaft auf der Ems. Denn nicht nur die Aushängeschilder des Klubs, dessen Mitglieder bei großen Veranstaltungen für die Kanurenngemeinschaft (KRG) Bremen starten, kehrten mit Meistertiteln aus Rheine zurück.

"Niemand im Verein kann sich daran erinnern, dass eine Bremer Mannschaft bei der DM jemals so erfolgreich gewesen ist", sagte Marcel Paufler. Er selbst war an drei der insgesamt neun ersten Plätze der KRG Bremen beteiligt. Er triumphierte in seinem Kajak-Einer im Short Race über 3,4 Kilometer und auf der Langstrecke über 24,1 Kilometer sowie gemeinsam mit seinem 25-jährigen Bruder im Kajak-Zweier auf der Langstrecke.

Die Geschwister sind aber lange genug im Leistungssport am Start, um einschätzen zu können, dass sie noch nicht wieder die Alten sind. "Wir wissen, woran wir noch arbeiten müssen", sagte Marcel Paufler, "es gibt noch Defizite, aber das Ergebnis hat gestimmt." Angesichts der gebrochenen Schulter im Dezember sei keineswegs davon auszugehen, dass alle drei Titel der Männer-Leistungsklasse nach Bremen gehen. "Im Januar wusste ich ja noch nicht einmal, ob ich in diesem Jahr überhaupt noch wieder würde fahren können."

Noch unsicherer ob seiner körperlichen Verfassung war Sven Paufler vor der DM gewesen. Er sitzt nach knapp dreijähriger Pause wegen Pfeifferschen Drüsenfiebers und Bandscheibeinvorfalls zwar seit vergangenem Sommer wieder im Boot, doch wie gut er unter Wettkampfbedingungen gegen Topfahrer und bei Mehrfachbelastung während einer Meisterschaft zurechtkommt, wusste er nicht. Und sein Fazit nach der DM fiel auch einigermaßen zurückhaltend aus. "Ich bin zufrieden, aber es war keine herausragende Leistung", sagte er nach seinem vierten Platz auf der Langstrecke, "vom Körperlichen her fehlt mir noch einiges."

"Das Rennen hat mich in die Realität zurückgeholt."
Sven Paufler, Kanute

Sven Paufler war vor einigen Wochen bei seinem internationalen Comeback in Amsterdam sogar besser gefahren als jetzt auf der Ems. Vielleicht war seine Tagesform in Rheine etwas schlechter. Auf jeden Fall fehle ihm nach der langen Zwangspause immer noch einiges an Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit. Außerdem behinderte ihn eine Zyste in seiner Kniekehle doch mehr als gedacht. Vor allem während der Portagen, wenn die Aktiven ihr Boot ein Stück über Land tragen müssen, machten sich die Probleme bei jedem Schritt bemerkbar. "Das Rennen hat mich in die Realität zurückgeholt", sagte der 25-Jährige.

Im Zweier profitierten die Pauflers auch von ihrer nahezu perfekten Abstimmung. Weil sie ein eingespieltes Duo sind, fielen die leichten Trainingsrückstände von beiden nicht sonderlich ins Gewicht. Nach 24,1 Kilometern und vier Portagen lagen sie im Ziel 20 Sekunden vor den Zweitplatzierten. Der Titel im Zweier war dem Duo besonders wichtig, weil sie sich angesichts ihrer noch fehlenden Bestform auch international mehr Chancen ausrechnen als im Einer. Platz eins in Rheine bescherte ihnen zugleich die Qualifikation für die EM im Juli und die WM Ende August. Marcel Paufler hat sich zudem auch im Einer für die Kurz- und die Langstrecke qualifiziert.

Herausragend schlugen sich auch die beiden weiblichen Topaktiven der KRG Bremen im Kajak. Bei den Juniorinnen siegte die 17-jährige Hjördis Sommer im Short Race und auf der Langstrecke (19,1 km) und holte mit ihrer zwei Jahre jüngeren Vereinskameradin Marit Behrens auch die Meisterschaft im Zweier. Die 15-jährige Marit Behrens setzte sich in der weiblichen Jugend ebenfalls im Short Race und auf der Langstrecke über 10,3 Kilometer durch.

Beide Talente haben sich damit bei den Juniorinnen für EM, WM und den Weltcup Anfang Juni in Bulgarien qualifiziert - Hjördis Sommer auf Kurz- und Langstrecke im Einer und im Zweier mit Marit Behrens. Damit stehen vier Bremerinnen und Bremer im deutschen Nationalkader. Die Siegerzeit von Hjördis Sommer auf der Langstrecke hätte in Rheine übrigens bei den Damen zum ersten Platz gereicht.

Auch die Leistungen der noch jüngeren und des einen älteren Aktiven waren auf der Ems gut. Klaus Gieres (Jahrgang 1968) erkämpfte auf der Langstrecke der Masters über 19,1 Kilometer die neunte Goldmedaille für die Bremer. Hinter Hjördis Sommer und Marit Behrens zeichnen sich bereits die nächsten vielversprechenden Talente ab. Amalia Gebhardt-Apalategui (Jahrgang 2006) wurde Fünfte bei den Juniorinnen auf Kurz- und Langstrecke, Henriette Wicke (2009) Siebte bei den Schülerinnen A über 10,3 Kilometer. Bei den Jungen überzeugten jeweils in der männlichen Jugend Simeon Böhm (2008) als Siebter auf der Kurz- und als Achter auf der Langstrecke sowie Tjalve Sommer (2007) als Sechster auf der Kurz- und als Neunter auf der Langstrecke. Beide zusammen wurden Dritte im Zweier.